Kultur „hoch drei“ in Kärntens Süden

Der Süden von Kärnten rund um den Klopeiner See und dem Lavanttal hält dieses Jahr gleich einen dreifachen Kulturreichtum bereit: Bildende Kunst von Werner Berg und Gottfried Helnwein. Die umfangreichste Sammlung österreichischer Kunst der Nachkriegsjahre im Liaunig Museum. Und das Schatzhaus des Benediktinerstifts St. Paul im Lavanttal mit einmaligen Exponaten. Drei gute Gründe, ein Wochenende lang auf Entdeckungsreise zu gehen. Und ganz nebenbei kommt auch der kulinarische Genuss nicht zu kurz.

Diese Region zu erleben, alles bis ins kleinste Detail aufzusaugen um sich letztlich selbst inspirieren zu lassen. Von einer unvergleichbaren Mischung aus Kultur und Natur. Ein herzliches und gemütliches Schmuckstück, wo man bereits am ersten Abend nach seiner Ankunft vollends in diese Welt eintauchen kann, ist das Brauhaus Breznik mitten am Bleiburger Hauptplatz.

Brauhaus Breznik in Bleiburg
Sabine Weyrer
Besitzer Stefan Breznik

Stefan Breznik vom Brauhaus Breznik

„Warum gerade hier so viele Berühmtheiten geboren sind? Keine Ahnung. Es ist anders bei uns. Vielleicht ist es dieses lebenswerte Eck im Süden von Kärnten und die Verbindung zu Slowenien. Dadurch, dass es die slowenische Volksgruppe gibt und Zweisprachigkeit gelebt wird, resultiert daraus eine kulturelle Bereicherung, die man überall spürt. Man begegnet sich auf höchster Ebene.“ Lauscht man den Worten Stefan Brezniks, bekommt man schnell ein Gespür für dieses malerische Südkärnten, welches mich magisch angezogen hat, mich mit all seinen inspirierenden Literaten, Künstlern und Kulturschaffenden schier gedrängt hat, endlich vorbeizuschauen.

1988 übernahm Stefan Breznik mit seiner Schwester den Betrieb. Ihr Konzept? Hotelzimmer, die den Stil heimischer Künstler spürbar und erlebbar machen. Das erste wurde der Bleiburger Pop-Art Koryphäe Kiki Kogelnik gewidmet, weitere folgten. Wie beispielsweise die Zimmer mit Fokus auf Maler Werner Berg oder Tänzer, Choreograf und Theaterregisseur Johann Kresnik sowie Jazzmusiker Karlheinz Miklin. Ich siedle für die nächsten Tage ins Erstgenannte.

Individuell eingerichtet bekommt man die Kunst sprichwörtlich mit ins Bett gelegt. Zu dieser allgegenwärtigen Kunst darf es noch ein Schluck vom im Haus gebrauten Bier sein und einem perfekten Start für ein ausgefülltes Kulturwochenende steht nichts mehr im Wege. Na dann, hoch das Glas – Prost oder „Na Zdravje“, wie man in dem zweisprachigen Ort zu sagen pflegt – auf die Kultur!
Info: www.brauhaus.9150.at

Werner Berg Museum: Wenn die Kunst erwacht

Samstagmorgen. Die südliche Sommersonne blinzelt bereits durchs Fenster. Nur wenige Schritte über den Bleiburger Hauptplatz, schon ist das erste Ziel erreicht. Das Werner Berg Museum. Seine Bilder, heißt es, gewähren tiefe Einblicke in die Seele der Unterkärntner Landschaft und die dort lebenden Menschen. 

In der heurigen Sonderausstellung zu sehen: Ein nahezu vollständiger Überblick über die Kinderbildnisse Werner Bergs. Rund 90 Werke zeigen den hohen Stellenwert dieses Themas im Schaffen des Künstlers vom Rutarhof, der im deutschen Elberfeld geboren wurde und sich 1931 auf diesem entlegenen Bauernhof niedergelassen hat. Beeindruckend, tiefgehend, bleibend.

Gottfried Helnwein im Werner Berg Museum

Doch auch der zweite Name, dem eine Sonderausstellung gewidmet ist, hinterlässt bleibende Eindrücke, wenngleich diese vermehrt mit offenen Fragen verbunden sein mögen: Gottfried Helnwein. 70 Hauptwerke zum Thema Kind werden von dem weltweit bekannten, österreich-irischen Künstler gezeigt. Die Werke schwanken von hyperrealistisch bis bedrückend, von beklemmender Komik bis hin zu einer düsteren Auseinandersetzung mit vorgegebenen Tabus. 

Schockierend, anregend. Wie Helnwein selbst sagt: „Ich will mit meinen Bildern und Aktionen die Menschen aus ihrer Eingefrorenheit lösen, wenn auch nur eine Sekunde lang, will sie verunsichern und zu spontanen Reaktionen hinreißen.“ Zeit, das ist es, was man braucht, wenn man sich auf diese zwei Künstler ganzheitlich einlassen will. Aber die habe ich ja auch mitgebracht.

Info: http://www.wernerberg.museum/de/home/ 

Video zur Ausstellung: http://www.helnwein.com/videos/exhibitions/ 

Der Weg führt mich in den kulturellen Süden...

Sabine Weyrer
Museum Liaunig in Neuhaus

Retrospektive Hermann J. Painitz

Sabine Weyrer
Museum Liaunig in Neuhaus

"Kontinuität und Brüche"

Sabine Weyrer
Museum Liaunig in Neuhaus

"Kontinuität und Brüche"

Museum Liaunig in Neuhaus
Sabine Weyrer
Liaunigs Skulpturenpark

Museum Liaunig: Abtauchen in endlos scheinende Kunsthallen

Nach einer kunstvollen Pause, ein kulinarischer Einkehrtipp für solche Momente wäre der Landgasthof Hafner, führt mich der eingeschlagene Weg des kulturellen Südens weiter nach Neuhaus in das Museum Liaunig von Unternehmer und Kunstsammler Herbert Liaunig. Welch ein Glück eigentlich, dass die vielen Werke (3000 an der Zahl sollen es mittlerweile sein) in seinem Schloss schlicht keinen Platz mehr fanden und ich nun in den Genuss dieser beeindruckenden Kunstsammlung komme: Diese beinhaltet eine der umfangreichsten Sammlungen österreichischer Kunst ab 1945, ergänzt durch Vertreter der klassischen Moderne sowie exemplarische Werke internationaler Künstler. 

Siegfried Anzinger, Erwin Bohatsch, Herbert Brandl, Gunter Damisch, Josef Kern, Erwin Wurm sind hier in den Hallen vertreten, um nur einige wenige zu nennen. Doch nicht nur innen verbergen sich einzigartige Kunstwerke, der ganze Komplex ist ein Kunstwerk in sich. Mitten in einen Hügel hinein gebaut, um nicht zu dominant zu erscheinen, erstrecken sich die langgezogenen Betonquader über das Tal.

Museum Liaunig

Museum Liaunig

„Kunstvolle“ Röhren sozusagen, welche mittlerweile denkmalgeschützt sind. Die heurige Saison lädt mich und alle anderen Besucher zu einem vielfältigen Ausstellungs- und Konzertprogramm ein. Die Hauptausstellung widmet sich unter dem Thema „Kontinuität und Brüche“ den Künstlern der Neuen Malerei der 80-er Jahre. Im Skulpturendepot hat sich Künstler Wolfgang Ernst mit der Ausstellung „SYNKATABASIS“ verwirklicht. Für mich eines der schrägsten Erlebnisse, ziert die Fenster einer dort installierten Holztür beispielsweise verwesende Mortadella. Hinter Glas versteht sich. Im dreieckigen Sonderausstellungsraum wird die Serie „Alte Freunde“ fortgesetzt, in der mit Liaunig freundschaftlich verbundene Künstler vorgestellt werden.

Von Mai bis Juli sieht man Werke von Hermann J. Painitz, ab August stellt Karl Hikade aus. Um in den Worten von Painitz zu sprechen, die zum Nachdenken anregen: „Die Künstlichkeit der Welt ist so groß wie nie zuvor und nimmt ständig zu.“ Ein weiteres Highlight, mit dem das Liaunig Museum heuer nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren der Besucher ins Staunen versetzen möchte, ist die „sonusiade“, eine neu geschaffene Kammermusikreihe unter der Leitung von Janez Gregorič. Die Konzerttermine sind der 8. Juli, der 23. August und der 29. Oktober. Man möchte ein Aufeinanderwirken von Musik und zeitgenössischer Kunst erwirken und Musik zu den Bildern entstehen lassen. Ich schlage mal kühn vor: Karten sichern!
Info: www.museumliaunig.at 

Kulinarisch auf Nummer Sicher gehen

Und um nach so einem kulturell-ereignisreichen Tag auch in Sachen Kulinarik auf Nummer Sicher zu gehen, führt mich mein Feinschmecker-Sinn nach Tainach. Denn das Gold der Sichers mag klein sein, entfaltet sich am Gaumen aber zu einer wahren Geschmacksexplosion. Die Rede ist vom Sicher Kaviar – der weit über die Grenzen Kärntens hinaus bekannt ist. 1994 übernahmen die Brüder Wolfgang und Michael den Familienbetrieb, in ständiger Weiterentwicklung ist daraus eine wahre Genuss-Oase entstanden. Heute zählt man 25 Teiche, auch Huchen und Stör schwimmen mittlerweile ihre Runden.

Die Gäste lädt man ins Restaurant mit idyllischem Gastgarten und verwöhnt diese nebst Kaviar auch noch mit vielen weiteren kreativ-südlichen Gerichten. Für das Engagement darf man seit zehn Jahren ununterbrochen stolze drei Gault-Millau-Hauben tragen. Sicher ein Genuss auf ganzer Linie – ich kann es nur bezeugen und so kann der Tag auch kulinarisch auf höchstem Niveau ausklingen.
http://sicherrestaurant.at  

Auf der Zielgeraden ins Schatzhaus Kärntens

Für den Sonntag habe ich mir passenderweise den Besuch im Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal aufgehoben. Neben Gurk und Seckau ist St. Paul das dritte große Bauwerk Österreichs, das einerseits die ausgereifte Kunstfertigkeit der Steinmetze und Baumeister jener Tage widerspiegelt, andererseits auch zu einem Symbol der religiösen Suche der Menschen geworden ist.

Vor den Toren der großen Kunstsammlungen erwartet mich schon Pater Maximilian, mit dem ich für einen Rundgang durch das Schatzhaus verabredet bin. Er scherzt gleich zu Beginn: „Schön, dass du pünktlich bist, um viertel vor Zwölf muss ich nämlich weg – Mittagsgebet in der Kapelle!“ Dreimal am Tag wird hier gebetet – daran führt kein Weg vorbei und das ist durchaus so gewollt. Fixe Auszeiten vom alltäglichen Stress um sich auf nichts anderes als auf Gott zu konzentrieren – so tankt man hier in den geschichtsträchtigen Mauern neue Energie. 

Sabine Weyrer
Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal

Pater Maximilian

Sabine Weyrer
Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal

Das berühmte Adelheid-Kreuz

Sabine Weyrer
Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal

70.000 Bücher sind in der Schaubibliothek untergebracht

Und brachte mich einerseits diese Lebensphilosophie zum Grübeln, so versetzte mich der Anblick noch vielmehr ins Staunen, als Pater Maximilian die dicken Eisentore zur Schaubibliothek öffnete. Wow! 70.000 Bücher sind hier untergebracht und machen diese nach der Nationalbibliothek zur bedeutendsten Büchersammlung Österreichs. Das älteste Buch, der Ambrosius-Codex aus dem 5. Jahrhundert und das erste Druckwerk Gutenbergs zählen zu den großen Stücken der Sammlung. Doch damit nicht genug, hier gibt es noch viel mehr zu sehen.

Wie das Adelheidkreuz, das große und wertvolle Reliquienkreuz der Königin Adelheid von Ungarn, dann bedeutende Werke von Albrecht Dürer, Bozetto von Rubens sowie eine Vielzahl von Kelchen, Brustkreuzen und liturgischen Gewändern, die von der Tradition des Stiftes und deren Sinn für Kunst zeugen. Eine eigene Sonderausstellung widmet sich dieses Jahr Maria Theresia zu ihrem 300. Geburtstag. Um das Stift selbst erstreckt sich der einzigartige Barockgarten, welcher im Jahr 1623 angelegt worden ist und natürlich gibt es – wie es sich für solch eine Institution „geziemt“ – auch einen eigenen Stiftswein: vinumpaulinum nennt sich der edle Tropfen aus den hauseigenen Weingärten stammend, welche sich über 12 Hektar erstrecken.
Info: www.stift-stpaul.at

Wo der Genuss zu Hause ist

Zur Mittagsstunde kann man nun wahlweise beten oder man gönnt sich so wie ich ein köstliches Menü im Gasthaus Poppmeier. Oder man macht eines nach dem anderen – eben jedem das Seine. Mit leckeren Lavanttaler Spargel und einem erfrischenden Schluck vom fruchtigen Lavanttaler Wein reist es sich gleich umso leichter zur nächsten Genussstation nach Wolfsberg. 

Dort im „Haus der Region“ kann man noch viel tiefer eintauchen in die Genussregion des Lavanttals. Heimische Spezialitäten und Köstlichkeiten können erworben und verkostet werden: ob Apfelwein, Säfte, Edelbrände, Käse- und Fischspezialitäten, Getreide, Backwaren, Pralinen oder Kunsthandwerk – hier wird jeder fündig, um sich was hübsches zur Erinnerung mit nach Hause zu nehmen. Denn langsam neigt sich die Reise dem Ende zu.
Info: www.poppmeier.co.at , www.hausderregion.at

Baden in einem der wärmsten Badeseen Europas

Als angemessenen Ausklang zieht es mich noch an das Ufer des Klopeiner Sees. Bereits im Mai erreicht das türkisblaue Wasser angenehme 22 Grad, die im Hochsommer noch auf 28 Grad ansteigen können. Damit zählt der See zu den wärmsten Badeseen Europas. An der Seepromenade, welche übrigens die einzige durchgehende in ganz Österreich ist, schicke ich meine Gedanken nochmals auf die Reise, lass das Gesehene Revue passieren. 

Es ist schon unglaublich, wie man an nur einem Wochenende für sich selbst so viel Neues und Interessantes mitnehmen kann, mit einer ordentlichen Portion Genuss und absolut keinem Stress. Nun weiß ich: In Südkärnten ist das möglich. Fehlt nur noch ein abschließender Sundowner am See – am besten im Restaurant Seerose am Ostufer.

Sommerlich leichte Gerichte, dazu ein passender Rosé-Wein – c’est la vie - oder um es in den treffenden Worten Peter Handkes zu formulieren:

Peter Handke:

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Il tempo oggi, 25. April 2024